Maifeier 2019
Sechundzwanzig Minuten bis in den Mai
Was für ein herrlicher Tag, der letzte im April … Der Himmel so blau, die Menschen so beschwingt, süße Mailuft überall.
Pünktlich war bis neunzehn Uhr das Dorf zusammengekommen, um zu sehen, wie der Baum mit seinem bunten Kranz von einem Traktor aufgestellt wird. Doch nichts passierte, denn der Traktor ließ auf sich warten.
Schon ging die Nörgelei los. Wie denn so ein Fauxpas toleriert werden könne, neunzehn sei neunzehn … und das, wo doch heutzutage jeder eine Uhr habe! Ungeduld machte sich unter Helfern und Besuchern breit.
Dann hatte eine junge Frau die Idee ein gemeinsames Foto zu machen. Stöhnen machte zunächst die Runde, dann folgte Gemurmel und schließlich, als hätte der Wonnemonat Mai seine Tore weit geöffnet, lösten sich die steifen Gesichter und die Leute reihten sich motiviert am Stamm auf, umarmten sich und ließen sich bei „Eins-Zwei-Drei“ ablichten.
Und plötzlich geschah das schier Unglaubliche. Durch das Warten hatte niemand etwas zu tun! Ein geschenktes Zeitfenster war vom Himmel glatt auf den Festplatz gefallen und die Menschen begannen freundlich und ausgelassen miteinander zu sprechen. Mit einem Male umgab alle eine heitere Kulisse, in der jeder Zugang zu seinem Nächsten fand und neue Siedler leicht in den Kreis der Ureinwohner aufgenommen wurden.
Als dann der Traktor kam, war es neunzehn Uhr sechsundzwanzig. Im Grunde waren nur Minuten vergangen, doch fühlte es sich an, als habe sich für manch einen ein kleines Stück Leben verändert.
Was für ein herrlicher Tag, der letzte im April … Der Himmel so blau, die Menschen so beschwingt, süße Mailuft überall.
Einen ganz herzlichen Dank an alle Frauen, die den Maikranz banden, an alle Männer, die den Baum holten, an alle Helfer, an das großartige Gitarrenduo am Lagerfeuer und natürlich auch an den verspäteten Traktorfahrer, die das alles ermöglicht haben.